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Der Digitale Zwilling als Schlüssel für die (energie)intelligente, klimaneutrale Stadt

Smart Energy City

Smart Energy City

Der Digitale Zwilling als Schlüssel für die (energie)intelligente, klimaneutrale Stadt

Teil 1: Digitaler Zwilling für die EV-​Netzplanung

Mit rund 150 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr gehört der Verkehr nach der Energiewirtschaft und der Industrie zu den größten Emittenten klimaschädlicher Treibhausgase in Deutschland. Kein Wunder also, dass der Ausbau der Elektromobilität ein zentraler Baustein der von Bund und Ländern ausgerufenen Verkehrswende ist. Vor allem die Städte setzen beim Erreichen der Klimaziele sowie bei der Reduzierung von Lärm- und Feinstaubbelastung auf den Ausbau der Elektromobilität – mit ersten Erfolgen. Im Jahr 2022 ist der Anteil der batterieelektrischen Pkw (BEV) und Plug-​in-Hybrid-Pkw (PHEV) an den Neuzulassungen auf rund 31 Prozent gestiegen[1]. Mit dem Ausstieg der meisten Hersteller aus der Verbrennertechnologie in den nächsten 10 bis 15 Jahren erwarten Experten, dass die Zahl der Elektroautos bis 2030 auf 11 Millionen steigen wird.[2]

Drohende Netzüberlastung durch massiven Anstieg der Elektromobilität

Diese Entwicklung stellt die verschiedenen Akteure der Energiewirtschaft, wie z.B. die Verteilnetzbetreiber, vor große Herausforderungen. Nach Angaben der Netzbetreiber belastet die Anzahl der Elektrofahrzeuge, die derzeit über private Wallboxen oder öffentliche Ladestationen „betankt“ werden, die Stromnetze bereits heute erheblich.

Insbesondere in den lokalen Verteilnetzen drohen Überlastungen durch temporäre Peaks bei einer hohen Anzahl gleichzeitiger Ladevorgänge im selben Netzabschnitt. Steigt der Leistungsbedarf hierbei über die Belastungsgrenze des Netzabschnitts, wird dieser vorsorglich abgeschaltet, um Schäden zu vermeiden. Temporäre, lokale Stromausfälle wären die Folge.

Schlechte Prognosefähigkeit durch herkömmliche Instrumente

Um dem entgegenzuwirken, bedarf es einer vorausschauenden Netzplanung, die valide Ausbauszenarien zur Bewältigung des steigenden Kapazitätsbedarfs im Zuge der fortschreitenden Elektrifizierung des Individualverkehrs vorsieht. Hier liegt die Herausforderung: Konnte die Netzplanung bisher gravierende Änderungen der Netzbelastung präzise vorhersagen, erschweren die stark wachsende Zahl von Elektrofahrzeugen sowie die zunehmende dezentrale Stromerzeugung diese Aufgabe massiv. Drei Faktoren erschweren dabei die Planbarkeit:

  • Private Ladeinfrastrukturen 

Für eine belastbare Prognose der zu erwartenden Last auf den jeweiligen Netzabschnitten ist die Anzahl der zukünftig dort vorhandenen Ladepunkte entscheidend. Dabei ist eine Prognose über die öffentlichen Ladepunkte allein nicht aussagekräftig, da laut Prognose des BMVI 60-85% der Ladevorgänge auf privatem Grund stattfinden werden. Für die entscheidende Planungsgröße stehen somit keine öffentlich zugänglichen Plandaten zur Verfügung.

  • Fehlende Standortgenauigkeit:

Insbesondere in lokalen Verteilnetzen ist die örtliche Verteilung der Ladepunkte ein wichtiger Faktor für die Beurteilung der Belastung von Teilnetzen. Zwar existieren seit Jahrzehnten detaillierte Modelle und Lösungen, um die lokale Netzbelastung für gegebene Ausbauszenarien zu simulieren. Es gibt jedoch keine Lösung oder Datenquelle, um den zukünftigen Ausbau der Elektromobilität auf lokaler Ebene (Straßenzüge / Wohnblocks) zu prognostizieren und zu simulieren. Insbesondere für private Haushalte ist eine zentrale Planung nicht möglich.

  • Asynchrone Ausbaugeschwindigkeiten:

Auch die regionale und zeitliche Verteilung der Anschaffung elektrifizierter Fahrzeuge stellt die Netzplanung vor große Herausforderungen. Da die Adoptionsrate der Technologie deutschlandweit nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern stark von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Finanzkraft, Wohnumfeld etc. abhängt, muss eine zukünftige Netzplanung diese Umfeldfaktoren berücksichtigen. Verstärkt wird diese heterogene Verteilung auch durch eine dynamische Entwicklung bei den Zulassungen von E-​Firmenwagen.

Dadurch fehlen valide Ausbauszenarien, um eine detaillierte Planung für die zukünftige Netzauslegung berechnen zu können. Anders ausgedrückt: Die Herausforderungen der E-​Mobilität können von den lokalen Verteilnetzbetreibern mit den bestehenden Instrumenten nicht gelöst werden.

Neue Lösungsansätze durch Digital Twins

Vor diesem Hintergrund bietet der Digitale Zwilling neue Lösungsansätze zur Prognose des zukünftigen Energiebedarfs auf Ebene einzelner Gebäude bzw. Straßenabschnitte. In einem Modellversuch hat m3 management consulting gemeinsam mit verschiedenen Partnern einen Digitalen Zwilling entwickelt, der die zusätzliche Netzlast durch den Ausbau privater Wallboxen bis zum Jahr 2040 im Netzgebiet adressgenau prognostiziert.

Dazu wurde eine digitale Plattform eingerichtet, in der neben öffentlichen Ladeinfrastrukturelementen auch private Wallboxen sowie – falls vorhanden – Photovoltaikanlagen abgebildet sind. Die so gewonnenen Informationen werden mit technischen und sozioökonomischen Daten angereichert, wie z.B. Einkommensstruktur, Altersstruktur sowie Gebäudeinformationen. Mit Hilfe eines mehrstufigen KI-​Verfahrens wird auf dieser Basis die Verbreitung neuer Wallboxen und die damit einhergehende zusätzliche Netzlast in den kommenden Jahren adressgenau prognostiziert.

Prognose Wallboxen 2040

Damit ermöglicht die Lösung eine vorausschauende Netzentwicklung entlang regionaler Bedarfe und frühzeitige Hinweise auf kostenoptimierte strategische Planungen mit einem hohen Maß an Flexibilität. Gleichzeitig kann das System durch die Integration zusätzlicher Datenquellen um weitere Anwendungsfälle erweitert werden, wie z.B. die Prognose von Wärmepumpen oder die Entwicklung von dezentralen Batteriespeichern. Insbesondere die Erweiterung um mobile Batteriespeicher wird die Simulation von Vehicle-to-grid Vorgängen ermöglichen, um tiefgreifende Analysen durchführen zu können.

Weiterführende Use Cases und notwendige Rahmenbedingungen

Das Beispiel macht deutlich, welche Potenziale der Digitale Zwilling hinsichtlich Transparenz und Prognosefähigkeit für bestehende und zukünftige Verteilnetze im Kontext der Verkehrswende bietet. Neben dem Netzausbau betrifft dies weitere Anwendungsbeispiele, wie die Unterstützung des netzdienlichen Ladens durch die intelligente Ausnutzung von Flexibilitäten in der Stromnachfrage oder automatisierte Netzanschlusstests für private oder öffentliche Ladepunkte.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist neben einer ausreichenden Datenbasis und -qualität ein umfassendes Change-Management sowie eine Anpassung der Prozesse und Strukturen in der Organisation der Netzbetreiber hin zu stärker crossfunktionalen Zusammenarbeitsmodellen.

Über die "Smart Energy City"-Reihe

 Auf dem Weg zu einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Stadtentwicklung stehen Kommunen in den kommenden Jahren vor enormen energetischen Herausforderungen. Sei es der nachhaltige Ausbau von Fernwärme-​​​ und Fernkältenetzen zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor oder die Netzplanung zur Bewältigung der steigenden Netzlasten durch die Anforderungen der E-​​​Mobilität – viele der zukünftigen Herausforderungen können von den lokalen Verteilnetzbetreibern mit den bestehenden Instrumenten nicht gelöst werden.

Wie Digitale Zwillinge hier neue Lösungsansätze liefern und damit zu einem wichtigen Baustein für die intelligente und klimaneutrale Stadt von morgen werden können, erfahren Sie in unserem zweiteiligen Beitrag „Smart Energy City“.

Erfahren Sie mehr.

Katrin Aytepe 345x380

Katrin Aytepe

Geschäftsführerin

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