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Fair Cooling

Strategien für den Kampf gegen die
Hitze in urbanen Räumen weltweit

Fair Cooling

Strategien für den Kampf gegen die
Hitze in urbanen Räumen weltweit

Städte sind von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen. Vor allem im globalen Süden drohen durch steigende Temperaturen in immer dichter besiedelten Gebieten dramatische Folgen für die dort lebenden Menschen. Gerechte und nachhaltige Wege zur Kühlung zu finden, wird daher zu einer zentralen Herausforderung. Wir zeigen, wie Städte weltweit den Kampf gegen die Hitze aufnehmen und welche Rolle digitale Technologien als Hebel für hitzeresilientere urbane Lebensräume spielen können.

Während die Auswirkungen des Klimawandels überall auf der Welt zu spüren sind, sind urbane Räume von den Folgen dieser Entwicklung besonders betroffen. Weltweit steigen die Temperaturen in Städten doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt[1]. Experten rechnen damit, dass sich viele Städte der Welt bis zum Ende des Jahrhunderts um bis zu 4°C erwärmen werden, wenn die Treibhausgasemissionen auf dem heutigen Niveau bleiben[2].

Die Folgen dieses Temperaturanstiegs für Gesundheit, Produktivität und Energieinfrastruktur treffen nicht alle Regionen der Welt gleichermaßen, sondern hängen von ihrem sozioökonomischen Status ab. Regionen und Bevölkerungsgruppen mit einem niedrigeren Einkommensniveau – insbesondere im globalen Süden – sind deutlich stärker vom Klimawandel bedroht. So sind in den USA zugewanderte Arbeitskräfte – in der Regel Mindestlohnempfänger – dreimal häufiger von Hitzefolgen betroffen als der US-Durchschnitt.

Sustainable Urban Cooling als dringende Herausforderung von Städten weltweit

Diese Ungleichheiten werden sich in den kommenden Jahrzehnten aufgrund der zu erwartenden weiteren Urbanisierung in vielen Regionen verschärfen. Berechnungen zufolge werden bis zur Mitte des Jahrhunderts 68% der wachsenden Weltbevölkerung in Städten leben, ein Großteil davon in den einkommensschwachen Ländern Afrikas und Asiens. Allein 35% des erwarteten Bevölkerungswachstums werden voraussichtlich auf Indien, China und Nigeria entfallen – drei Länder, die bereits heute zum Teil stark unter dem Phänomen überhitzter Metropolen leiden.

Städte weltweit stehen daher vor der Frage: Wie kann der wachsende Bedarf an Kühlung gedeckt werden – ohne die Abwärtsspirale weiter zu verstärken, bei der beispielweise mehr Kühlung durch Klimaanlagen wiederum zu mehr Erwärmung aufgrund von Abwärme führt?

Holistischer Ansatz auf mehreren Ebenen

Um einen gerechten und nachhaltigen Zugang zu Kühlung zu gewährleisten, ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) beschreibt in seinem Bericht „Beating the Heat“[3] drei Ebenen, um die Überhitzung in städtischen Gebieten zu bekämpfen:

  • Klimaresiliente Stadtplanung und Infrastruktur

Den größten Hebel für eine gerechte und effiziente Kühlung der Innenstädte bietet eine nachhaltige und hitzereduzierende Stadt-, Quartiers- und Stadtteilplanung. Dies umfasst zum einen eine vorausschauende Flächennutzung und Baugestaltung mit Elementen wie Grün- und Wasserflächen, Frischluftschneisen oder Maßnahmen zur Reduzierung des Autoverkehrs. Zum anderen die Reduzierung der Abwärme durch wärmereflektierende Gebäudehüllen und andere Oberflächen.

  • Energieeffiziente und thermisch wirksame Gebäude

Neben einer vorausschauenden Stadtplanung tragen energie- und wärmeeffiziente Gebäude zu einer effizienten Kühlung der Innenstädte bei. Im Vordergrund steht dabei die passive Gebäudekühlung, z.B. durch natürliche Lüftung, begrünte Gebäudehüllen oder eine intelligente Ausrichtung zum Schutz vor hoher Sonneneinstrahlung.

  • Effiziente und bedarfsgerechte Kühltechnologien und -verfahren

Dort, wo passive Kühlmöglichkeiten nicht ausreichen, muss eine effiziente und optimal an die jeweiligen Umgebungsbedingungen angepasste Kühltechnologie eingesetzt werden, die möglichst wenig Energie verbraucht und möglichst wenig Emissionen verursacht. Dazu gehören z.B. intelligent gesteuerte Wasserkühlung in größeren Gebäuden oder kommunale Fernkältenetze.

Begrünte Hochhäuser namens Bosco Verticale in Milan, Porta Nuova

Der "vertikale Wald" (Bosco Verticale) in Milan, Porta Nuova

Weltweite Best Practices für hitzeangepasste Städte

Weltweit gibt es eine Vielzahl an Beispielen von Städten, die mit klima- und sozial gerechten Lösungen vorangehen. Einige von ihnen sollen im Folgenden vorgestellt werden:

  • Medellìn, Kolumbien

Nach Jahren des starken, ungeplanten Wachstums, das zu einer hohen Flächenversiegelung und einer zunehmenden Luftverschmutzung führte, startete die Stadt 2016 eine umfassende Initiative zur Renaturierung der Metropole. Unter dem Titel „Environmental Urbanism“ entstanden auf einer Gesamtfläche von mehr als 70 Hektar 36 grüne Korridore entlang von Straßen und Gewässern im gesamten Stadtgebiet. 8.300 Bäume und mehr als 350.000 Sträucher erhöhen nicht nur die Lebensqualität und die Biodiversität in der Stadt, sondern sorgen auch für eine natürliche Kühlung. So sinkt die Temperatur entlang einer der verkehrsreichsten Straßen der Stadt im Jahresdurchschnitt um bis zu 3°C[4].

  • Barcelona, Spanien

Die katalanische Hauptstadt hat im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten einen sehr geringen Anteil an Grünflächen im Stadtgebiet. Um dem entgegenzuwirken, setzt die Stadt auf so genannte Superblocks: Dabei werden bis zu neun Häuserblocks zu einer Einheit zusammengefasst und die Straßen innerhalb dieser Einheit weitgehend für den Autoverkehr gesperrt. So entstehen grüne, verkehrsberuhigte Zonen inmitten der dicht besiedelten Innenstadt. Ausgehend vom Pilotviertel Poble Nou sollen in den kommenden Jahren 503 solcher Superblocks entstehen.

  • Gujarat International Finance Tec City, Indien

Im indischen Bundesstaat Gujarat entsteht auf einer Fläche von rund 350 Hektar ein Geschäftsviertel, das mit insgesamt 5,8 Millionen Quadratmetern Nutzfläche dichter bebaut ist als die Geschäftsviertel von Tokio oder London. Um den enormen Kühlbedarf der zahlreichen Bürogebäude, Wohnungen, Schulen, Krankenhäuser und Geschäfte effizient zu decken, wurde das erste stadtweite Fernkältenetz Indiens errichtet. Laut einer Studie sinkt der Energieverbrauch dadurch um rund ein Drittel im Vergleich zu individuellen Kühllösungen in den jeweiligen Gebäuden[5].

  • Toronto, Kanada

Die Stadt Toronto nutzt die natürlichen Kaltwasservorkommen am Grund des Ontariosees, um verschiedene Gebäude der Stadt mit umweltfreundlich erzeugtem Kühlwasser zu versorgen. Dazu wird dem Ontariosee aus einer Tiefe von ca. 83m Wasser mit einer Temperatur von 4°C entnommen und über ein Rohrleitungssystem in die Fernkältezentrale der Stadt gepumpt. Im Fernkühlwerk wird das kalte Wasser gesammelt, aufbereitet und als Fernkälte durch ein unterirdisches Rohrleitungsnetz zu den Kälteverbrauchern geleitet. Durch dieses Projekt wird der Strombedarf für die Kühlung der Gebäude um 75% reduziert[6].

  • Mexico City, Mexico

Die mexikanische Hauptstadt hat in den letzten Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum erlebt. Der dabei entstandene Wohnraum entspricht aus heutiger Sicht meist nicht den Anforderungen an energieeffizientes Bauen. Um ihr Ziel zu erreichen, die CO2-Emissionen bis 2050 um 50% gegenüber dem Jahr 2000 zu senken, hat die Stadt ein umfassendes Förderprogramm zur nachhaltigen Gebäudesanierung aufgelegt. Die Besonderheit: Die Flexibilität des Programms. Sowohl Vermieter als auch Mieter können Zuschüsse für einzelne, kleinere Investitionen in eine nachhaltigere Gebäudeinfrastruktur beantragen, wie zum Beispiel Dachbegrünungen oder Regenwasserspeicher. Im Vergleich zum Basisjahr 2009 konnten durch das Programm bei den 40 bis 2015 zertifizierten Gebäuden insgesamt 20,1 Mio. kWh Strom und 66.120 Tonnen CO2 eingespart werden[7]

Digitalisierung als Hebel

Weltweit haben Metropolen vielfältige, nachhaltige und gerechte Lösungen entwickelt, um ihre Innenstädte zu kühlen und die Folgen des Klimawandels abzumildern. Digitale Technologien fungieren dabei häufig als Enabler, sei es beim Berechnen belastbarer Analysen und Maßnahmenplanungen, beim Betrieb von Smart-City-Lösungen oder bei der Teilhabe der Menschen in Kommunen und Quartieren.

So können mit Hilfe von KI-basierten Planungswerkzeugen Neubauten oder neu geplante Quartiere von Anfang an optimal an das dort vorherrschende Mikroklima angepasst und die Auswirkungen von Gebäudeausrichtung, Gebäudeabständen oder Oberflächenstrukturen auf die Wärmeentwicklung berechnet werden.

In bestehenden Gebäuden oder Quartieren wiederum ermöglicht der Einsatz von Sensorik und intelligenten Komponenten eine bedarfsgerechte und damit energieeffiziente Steuerung von Gebäudekühlung, Beschattung oder Bewässerung im Smart-City-Kontext.

Je mehr Daten über solche Sensoren kontinuierlich erfasst und zur Verfügung gestellt werden, desto größer sind die Möglichkeiten, bestehende Maßnahmen weiterzuentwickeln oder neue zu implementieren, um Städte resilienter gegenüber steigenden Temperaturen zu machen. Ein digitaler Zwilling bzw. ein digitales Ökosystem, in dem alle Daten zusammenfließen, verarbeitet werden und Prognosen ermöglichen, liefert dabei die notwendige Transparenz für eine wirklich nachhaltige Stadtentwicklung.

"Wir wissen alle, der Klimawandel wird immer greifbarer. Wie passe ich mich an dieses Phänomen der Städte, die im Sommer sehr, sehr heiß werden, am besten an?"

Joachim Schonowski im msg-Podcast radikal digital (Folge 1 „Cooling & Heating the City“)

"Das eine Themenfeld ist die Gebäudekühlung. Und das andere Thema ist Quartiersplanung und wo diese erfolgen kann."

Dr. Christof Spangenberg im msg-​Podcast radikal digital (Folge 1 „Cooling & Heating the City“)

"Die Städte haben die Aufgabe erkannt. Sie müssen jetzt lernen, damit umzugehen und Erfahrungen sammeln."

Dr. Christof Spangenberg im msg-​​Podcast radikal digital (Folge 1 „Cooling & Heating the City“)

"Der Digitale Zwilling ist ein enorm mächtiges Werkzeug, um sich klarzumachen: Wo habe ich Energiesenken, wo habe ich Energiequellen, wie kann ich die Belichtung steuern?"

Dr. Christof Spangenberg im msg-​​​Podcast radikal digital (Folge 1 „Cooling & Heating the City“)

KeyVisual Folge 1 msg Podcast

Mehr zu den Herausforderungen rund um klimaresiliente Stadt- und Quartiersplanung erfahren Sie in der Folge „Cooling & Heating the City“ von radikal digital – dem msg-Podcast.

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