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Funknetz der Energiewende

"Versorger wollen nicht,
dass Schwachstellen bekannt sind."

Interview mit Wolfgang Schmitz, Partner bei m3 management consulting

Funknetz der Energiewende

"Versorger wollen nicht, dass Schwachstellen bekannt sind."

Interview mit Wolfgang Schmitz, Partner bei m3 management consulting

Dr. Wolfgang Schmitz, Partner bei m3 management consulting, über die Bedeutung der 450 MHz-Technologie für die Energiewende und die Bedingungen der Transformation im KRITIS-Umfeld.

Die Umsetzung der Energiewende verlangt von der Energiewirtschaft weitreichende technologische Veränderungen. Die Bedeutung der 450-MHz-Technologie wird dabei immer wieder hervorgehoben. Was sind die Gründe für diese Einschätzung? 

Betreiber von Strom- und Gasnetzen müssen ihre Infrastruktur künftig anders steuern, um einen sicheren Betrieb garantieren zu können. Sie müssen insbesondere mit volatilen Lasten und volatiler Einspeisung von regenerativen Energien umgehen können. Und dafür brauchen sie eine sichere Kommunikationsstrecke. Heute können sehr viele Assets in Strom-, Gas- und Wassernetzen jedoch nicht per Fernzugriff überwacht und gesteuert werden, insbesondere nicht im Schwarzfall. Es braucht also eine Kommunikationstechnologie für eine dezentrale, regenerative Energiewelt, das Funknetz der Energiewende.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für kritische Infrastrukturen fordern zunehmend, dass die Kommunikationsverbindung schwarzfallfest ist, also für mindestens 72 Stunden auch dann funktioniert, wenn die Energieversorgung in Deutschland zusammenbricht und besonders geschützt ist. Da es zu schwarzfallfest ausgeführten Glasfaserverbindungen keine Alternative gab, um Trafostationen oder Windkraftanlagen, aber auch Verbraucheranlagen zur regenerativen Energieerzeugung, E-Ladesäulen, Wärmepumpen unter diesen Prämissen flächendeckend anzubinden, hat die Bundesnetzagentur den Versorgern eine dedizierte Mobilfunktechnologie zugesprochen, die nun ausgestaltet wird.

Was zeichnet dieses spezielle Netz aus und wofür genau wird es genutzt?

Es wird ein eigenes Mobilfunknetz für die Strom-, Gas- und Wasserversorger aufgebaut, das stark abgesichert ist. In diesem Netz findet die Notfall-Sprachkommunikation der Betreiber kritischer Infrastrukturen statt. Außerdem werden hochsensible Daten über den Betrieb der kritischen Infrastruktur transportiert, die besonders geschützt werden müssen. Dabei geht es primär um Daten über Betriebszustände der Netze und Anlagen, aber auch um andere wichtige Daten, etwa aus Smart Metern.

Die Versorger wollen natürlich weder, dass Dritte wissen, wo sich kritische Netzstellen und Anlagen ihrer Infrastruktur befinden, noch dass die Betriebszustände, und insbesondere Schwachstellen, bekannt sind. Denn ein Angreifer könnte dort, wo ein Netz bereits an der Belastungsgrenze ist, zum Beispiel für den Ausfall eines Kraftwerks sorgen und einen Netzzusammenbruch herbeiführen. Physische Sicherheit und Cybersicherheit erfahren bei Aufbau dieses Mobilfunknetzes also besondere Beachtung.

Technisch wird das Mobilfunknetz auf einem modernen LTE-Technologiestandard basieren. Die relativ niedrige Frequenz von 450 Megahertz ist bestens für die Gebäudedurchdringung geeignet. Aufgrund der Wellenlänge wird eine relativ geringe Anzahl von Mobilfunkstandorten für den Netzausbau benötigt, die dann jeweils mit einer Notstromversorgung für 72 Stunden ausgestattet werden. Dabei bietet die Technologie ausreichend Kapazität für die Bedarfe der Betreiber kritischer Infrastrukturen.

Welche regulatorischen Aspekte sind für den Aufbau dieses Mobilfunknetzes entscheidend?

Zu nennen ist etwa die „EU-Verordnung 2017/2196 zur Festlegung eines Netzkodex über den Notzustand und den Netzwiederaufbau des Übertragungsnetzes“. Daraus ergibt sich die erwähnte Notwendigkeit, 72 Stunden Notstromversorgung zu gewährleisten. Eine wichtige Rolle spielt auch die Zertifizierung des Informationssicherheitsmanagementsystems (ISMS).

Um den Missbrauch der lizenzierten Mobilfunktechnologie möglichst zu verhindern, hat die Bundesnetzagentur den Nutzerkreis auf die Betreiber kritischer Infrastrukturen, insbesondere in der Energie- und Wasserwirtschaft, eingeschränkt. Entscheidend ist hier der Zuteilungsbescheid der BNetzA, der regelt, von wem und unter welchen Bedingungen dieses Netz genutzt werden darf.

Somit steht für die Datenkommunikation eine moderne Technologie zur Verfügung, die sich auch zum Branchenstandard entwickeln kann. Neben der Datenkommunikation ist aber auch die Datennutzung auszugestalten. Denn da wird es spannend: Welche Services nutzen die nun verfügbaren Daten? Wie können die Daten effizient so verarbeitet werden, dass für Betreiber ein klares Bild der kritischen Infrastruktur entsteht, aber nicht für Unbefugte?

Wie bewerten Sie die Umsetzung der 450 MHz-Technologie aus gesamteuropäischer Perspektive?

Es ist zu erwarten, dass viele europäische Länder hier ebenfalls in die Nutzung der LTE-Technologie mit dem gleichen Frequenzspektrum für die Energie- und Wasserwirtschaft einsteigen. Das sind wichtige Schritte zu einer gesamteuropäischen Transformation der Energiewirtschaft.

Im Interview

 wolfgang schmitz m3

Dr. Wolfgang Schmitz

wolfgang.schmitz@m3maco.com

"Es braucht also eine Kommunikationstechnologie für eine dezentrale, regenerative Energiewelt"

"Es ist zu erwarten, dass viele europäische Länder ebenfalls in die Nutzung der LTE-Technologie einsteigen."

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