Warum Services und Kernprodukt zusammen gedacht werden sollten
Unternehmen agieren heute in einem Umfeld, in dem technologische Innovationen und digitale Plattformen den Zugang zu neuen Märkten und Kundengruppen radikal vereinfachen. Dadurch ist es entscheidend, die Bedürfnisse der Kundschaft in den Fokus zu rücken und eine starke Bindung zu ihr aufzubauen. Es gilt, vom Produkt- zum Lösungsanbieter zu werden, indem das Kerngeschäft wirkungsvoll um weitere Services ergänzt wird.
Kernprodukt durch Mehrwertservices attraktiver machen
Entscheidet sich ein Unternehmen für diese Strategie, ist es wichtig, Kernprodukt und Mehrwertservices ganzheitlich zu denken. Denn ohne ergänzende Angebote wird es nicht nur schwieriger, sich vom Wettbewerb abzuheben und neue Zielgruppen zu gewinnen. Setzt ein Unternehmen ausschließlich auf Mehrwertservices, besteht auch die Gefahr, den direkten Kundenkontakt an Kooperationspartner zu verlieren, oder im Gesamtpaket unterzugehen. Ziel sollte es daher immer sein, die ergänzenden Angebote eng mit dem eigenen Produkt zu verknüpfen. Dadurch kann die Attraktivität der Produkte gesteigert und gleichzeitig ein messbarer positiver Effekt auf den Produktpreis erzielt werden.
Ein Blick in die Versicherungsbranche verdeutlicht, was gemeint ist: Versicherungsunternehmen können zum Beispiel zusätzliche Leistungen anbieten, die Schäden verhindern oder minimieren – sei es durch Früherkennung, Warnsysteme, schnelle Hilfe oder Verhaltensänderungen bei Versicherten. Die Nutzung dieser Services wirkt sich also unmittelbar auf die Summe der Entschädigungen aus, die Versicherer leisten müssen. Im Gegenzug profitieren alle, die das Angebot nutzen, von einem Beitragsnachlass. Drei Beispiele:
- GPS-Tracker und Fahrradversicherungen
- Smart Home Systeme und Gebäudeversicherungen
- Mobilitätsdaten und Kfz-Versicherungen
Wird ein Fahrrad mit einem GPS-Tracker ausgestattet, lässt sich eine Push-Nachricht verschicken und der Standort ermitteln, sobald sich das Fahrrad ungewollt entfernt. Dadurch erhöht sich die Aufklärungsquote bei Diebstählen in der Stadt von 5 Prozent auf bis zu 80 Prozent.
Durch die Nutzung von Smart Home Lösungen, wie Systeme zur Erkennung von Leitungswasserschäden oder vernetzte Rauchmelder, lassen sich Schäden am Haus frühzeitig erkennen oder vermeiden. Auch der Schutz vor Einbruch und Diebstahl wird durch IoT-Lösungen erheblich verbessert.
Autofahrende können ihr Fahrverhalten über Smartphone-Apps oder Telematik-Boxen erfassen und so risikoarmes Fahrverhalten belegen, was sich positiv auf ihre Kfz-Versicherung auswirkt. Die Erfassung und Bereitstellung dieser Daten soll durch das Mobilitätsdatengesetz zukünftig noch vereinfacht werden. Ergänzend können Versicherer Fahrsicherheitstrainings anbieten, die Unfallwahrscheinlichkeiten weiter reduzieren.
Mehrwert validieren
Wie groß der Einfluss eines Mehrwertservices auf die Schadenaufwendungen tatsächlich ist, kann BELTIOS, die Versicherungs- und Finanzdienstleistungsberatung der msg advisors, durch einen Proof of Concept testen. Dabei werden mithilfe aktuarieller Modelle Hypothesen zur Schadensreduktion überprüft. Die Ergebnisse liefern Antworten auf zentrale Fragen:
- Kann der Mehrwertservice tatsächlich die Häufigkeit oder das Ausmaß von Schäden reduzieren?
- Welche messbaren Effekte haben die eingesetzten Angebote auf das Verhalten der Zielgruppe?
- Lohnt sich die Implementierung langfristig?
„In einem fokussierten Pilotprojekt können wir in sechs bis zwölf Monaten belegen, wie sich Mehrwertservices konkret auf Versicherungen auswirken und Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihres Kerngeschäfts unterstützen.“
- Dr. Manuel Audi, Geschäftsführer Beltios GmbH und Leiter Business Consulting Insurance.
Mit Mehrwertservices Kosten optimieren
Auch über die Beeinflussung des Schadenaufwands hinaus bieten Mehrwertservices Hebel, um direkt auf die Kosten eines Produkts bzw. dessen Preis einzuwirken. Diese Potenziale zu identifizieren und gezielt zu nutzen, ist entscheidend für den Erfolg. Ein Beispiel hierfür ist die Vermarktung von CO₂-Einsparungen: Wer ein reines Elektrofahrzeug besitzt, kann seit dem 1. Januar 2022 die durch die Nutzung des Fahrzeugs eingesparten CO2-Emissionen zertifizieren und vermarkten lassen. Bietet eine Kfz-Versicherung den Verkauf dieser THG-Quoten (Treibhausgasminderungsquoten) als Mehrwertservice an, zum Beispiel mit der msg.GREENfactory, ergeben sich attraktive Möglichkeiten, mit den Erlösen aus dem Quotenverkauf die Prämien zu optimieren oder weitere Zusatzleistungen anzubieten. msg.GREENfactory bündelt THG-Quoten der Versicherungsnehmer, handelt sie am Markt und leitet die Quotenerlöse direkt wieder zurück – und das auf Basis vorgefertigter Plug&Play-Lösungen mit minimalem Aufwand.
Services integrieren
Damit Unternehmen Mehrwertservices erfolgreich integrieren können, sind verschiedene technische und organisatorische Voraussetzungen zu erfüllen. Beispielsweise müssen Aspekte wie Informationssicherheit, Metering oder Architektur durch API-Management-Systeme geregelt werden. Bei der Einbindung des Partners, der die Zusatzleistung zur Verfügung stellt, muss Klarheit über Geschäftsmodelle, Abrechnungslösungen und rechtliche Rahmenbedingungen herrschen. Dazu gehört – wie beim Aufbau jedes Ökosystems – die digitale Souveränität. Denn nur in geschützten Räumen lassen sich IT- und Geschäftsprozesse, aber auch technologische Ressourcen und Daten sicher integrieren und ggf. anpassen.
Ökosystem aufbauen
Wenn ein Kernprodukt um eine erste Zusatzleistung erweitert wird, kann man von einem Minimum Viable Ecosystem (MVE) sprechen. Das MVE kann bei Bedarf schrittweise zu einem vitalen Business Ökosystem ausgebaut werden. Im Beispiel der Fahrradversicherung zum Beispiel mit Tools für Reiseplanung, Navigation, Fitness-Tracking oder CO2-Einsparung. Die Erlöse aus dem THG-Quotenhandel können wiederum genutzt werden, um die Unterstützung von Klimaschutzprojekten, Fahrrad-Leasing oder nachhaltige Investments als zusätzliche Leistungen anzubieten.
Fazit: Kundschaft binden und entwickeln
Attraktive Mehrwertservices schaffen nicht nur Kostenvorteile im Kernprodukt und eine überzeugende Customer Experience, sondern ermöglichen es auch, die Customer Journey mit neuen Touchpoints zu erweitern. Unternehmen profitieren davon doppelt: Sie stärken die Bindung zu ihrer Kundschaft und sichern gleichzeitig die Hoheit über zusätzliche Kundenschnittstellen. Dieses Serviceplus macht das Kerngeschäft attraktiver und schafft die Grundlage für weiteres Wachstum.
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Dr. Manuel Audi
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